Pantograph-Isolatoren im Wind-Kanal

 
09.07.2019
Am Fachgebiet Experimentelle Strömungsmechanik der Technischen Universität (TU) Berlin fand eine experimentelle Untersuchung zum Luftwiderstand von Dachisolatoren (beispielsweise Isolatoren für Stromabnehmer) für den Einsatz auf Triebzügen und Hochgeschwindigkeitszügen statt.
Windkanaluntersuchungen bei verschiedenen Anströmgeschwindigkeiten wurden für unterkritische, kritische und überkritische Reynolds-Zahlen durchgeführt und die Abhängigkeit des Widerstandbeiwert von der Geschwindigkeit untersucht. Außerdem wurden die Auswirkungen von Isolator-Rippen aus flexiblem Material analysiert. Zum besseren Verständnis des aerodynamischen Verhaltens von auf Zügen montierten Gießharz-Isolatoren und Silikon-Isolatoren wurden unterschiedliche Randbedingungen simuliert, die realistische  Konfigurationen entsprechend üblichen Zugdach-Aufbauten berücksichtigen. Der Luftwiderstand verschiedener Arten von Pantograph-Isolatoren und anderen Dachisolatoren wurde gemessen. Abhängig von den oben genannten Randbedingungen, konnte ein spürbarer Beitrag der Isolatoren zum Luftwiderstand des gesamten Zuges beobachtet werden. Basierend auf dem gemessenen Luftwiderstand wurde anschließend der durch die Isolatoren verursachte Energieverbrauch bestimmt.
Vergleichend wurden auch Untersuchungen an einfachen Zylindern durchgeführt und ein generell ähnliches Verhalten des Widerstandbeiwertes in Abhängigkeit der Strömungsverhältnisse gezeigt.

Darüber hinaus wurde der Einfluss von flexiblen Isolator-Rippen von silikonummantelten Isolatoren untersucht. Es konnte beobachtet werden, dass die Isolatoren aus weichem Silikon (RTV, LSR) oberhalb einer bestimmten Einströmgeschwindigkeit zu flattern beginnen, was zu einer starken Erhöhung des Luftwiderstandsbeiwerts für höherer Strömung bzw. Zug-Geschwindigkeiten führt.

 

 

Die Autoren Jonathan Tschepe, Jörg-Torsten Maaß,
Christian Navid Nayeri und Christian Oliver Paschereit haben den Einfluss von Isolatoren auf Zugdächern auf den Luftwiderstand von Zügen und Triebwägen untersucht.

Zusammenfassung und Empfehlungen

Aus den Ergebnissen der Untersuchung kann Folgendes geschlossen werden:
Dachelemente wie Isolatoren und  Überspannungsableiter können für einen beträchtlichen Anteil des Luftwiderstandes eines Zuges verantwortlich sein (je nach Anordnung bis zu 5%).
Der Widerstandsbeitrag eines Isolators hängt stark von seiner Form, Material und Position auf dem Zug ab. Im Falle von flatternden Rippen erhöht sich der Widerstand der Isolatoren stark genug, um den Aerodynamischen Widerstand des gesamten Zuges beeinflussen zu können.

Grundsätzlich sollte die Simulation von Dachelementen in Studien zur Messung des Luftwiderstands von Zügen sorgfältig berücksichtigt werden. Den Einfluss von Dachelementen zu ignorieren, kann zu einer deutlichen Unterschätzung des Luftwiderstandsbeiwertes führen. Allerdings erfordert der starke Einfluss der Reynolds-Zahl eine detaillierte Analyse von Skalierungsparametern, was Experimente im Modellmaßstab in ihrer Komplexität erhöht.
In Bezug auf eine Analyse der Haltbarkeit der Isolatoren mit flexiblen Rippen kann davon ausgegangen werden, dass die erhöhte umgesetzte Energie aus dem Flattern der Rippen eine beschleunigte Alterung der Isolatoren bewirkt.

Daher könnte bevorzugt weniger flexibles Material (zB Gießharz) verwendet werden oder die Formgebung flexibler Isolatoren aerodynamisch optimiert werden.

Quelle: Tschepe at al., 2019, Berlin
Link zum wissenschaftlichen Artikel [kostenpflichtig] in Englischer Sprache:
https://journals.sagepub.com/doi/10.1177/0954409719867537